Wenn etwas Unvorhergesehenes unser Leben oder das Leben unserer Nächsten bedroht, ist schnelles Handeln erforderlich. Jede überflüssige oder zu langsame Aktivität unseres Körpers oder Geistes wird unterbunden und alle Energie mobilisiert, um die Bedrohung zu bekämpfen oder uns in Sicherheit zu bringen. Das gilt im Großen wie im Kleinen, es ist ein universelles Gesetz, nach dem unsere Körper funktionieren: zuerst muss das Überleben gesichert werden, danach kann man verstehen oder verarbeiten, sehen, was noch zu retten ist.
Sie kennen das. Wenn Sie mit Ihrer kleinen Tochter an einer großen Strasse entlangspazieren, können Sie sich in jedem Moment darauf verlassen, dass Sie Ihre Tasche fallen lassen und die Gedanken an die Arbeit unterbrechen werden, sollte sie - durch irgendetwas erschreckt - auf die Strasse laufen wollen. Wenn ein Auto um die Ecke schiesst, obwohl Sie doch Grün haben, würden Sie blitzschnell nach dem Kind greifen und sich zur Seite werfen, dahin, wo ein Überfahren-Werden am wenigsten droht.
Was passiert da? Haben Sie das alles vorher durchdacht und überlegt? Nein, das ginge gar nicht, zu vielfältig sind die Gefahrensituationen. Im Moment der Bedrohung übernimmt unser Körper, das Häschen in uns. Denn alles Denken wäre dann zu langsam - die Entscheidungsprozesse der Großhirnrinde taugen nicht für schnelle, überlebenssichernde Reaktionen. In Millisekunden wird so - ausgelöst durch eine Wahrnehmung, die Sie kaum nachvollziehen können - die Denkerin vom Häschen abgetrennt, um das schnelle Reagieren zu ermöglichen. Und das Häschen, unser Säugetierkörper reagiert mit einem jahrtausende alten Programm überall auf der Welt gleich: es mobilisiert blitzschnell alle verfügbare Energie, um sie in Flucht oder Kampf zu verwandeln. Das Nachdenken wird blockiert, die Kraft geht in Arme und Beine, im schlimmsten Fall werden Blase und Darm entleert, um nicht hinderlich zu sein. Sie haben sicher schon davon gelesen, welche Kräfte Menschen in solchen Momenten mobilisieren können und wie aussichtslos es ist, sich Ihnen in den Weg zu stellen. Kräfte, die sofort in sich zusammenbrechen würden, könnte der Denker eingreifen: "Aber so geht das doch nicht, du musst aufpassen, vielleicht..." Ist die akute Situation vorbei, wundern Sie sich oft, zu was Sie da in der Lage waren.
Wenn Kampf und Flucht nicht möglich sind, weil der Zugriff zu hart, die Übermacht zu groß und unausweichlich ist, greift der Körper zu seiner letzten Möglichkeit: er erstarrt oder fällt wie ein nasser Sack in sich zusammen, ohne jede Möglichkeit der Kontrolle durch den oft noch beobachtenden Denkerkopf, der aber nicht mehr eingreifen kann - und später oft das Gefühl hat, er hätte das tun sollen ohne sich klarzumachen, dass das ganz effektiv nicht möglich war. Da sagt der Kopf: "Nun lauf doch! Lauf! Schlag zu! Tu irgendwas!" Geht aber nicht. Es sind nämlich wirklich die Übermittlungsbahnen unterbrochen. Einfach lahmgelegt. Das hat im Tierreich oft Erfolg (und ist ganz wichig, um den Puls ganz flach, die Muskeln schlaff zu machen), wo Jäger von der Beute ablassen, die scheinbar tot ist, nur noch wenig Leben zeigt. Manchmal hilft das sogar bei Menschen.
In allen drei Fällen kommt die Schnelligkeit und Passgenauigkeit der Reaktion nur dadurch zustande, dass der Körper sich vom Denker trennt, das Häschen auf ganz alte Muster zurückgreift, die Trickkiste der Evolution sozusagen. Bis hierher ist das auch sehr nützlich. Denn schneller und stärker sind wir nie. Und auch die Dissoziation im Totstellreflex ist eine gnädige Erfahrung, wenn sie gleichzeitig die Schmerzempfindung unterdrückt.
Das gilt aber nur während der Erfahrung. Nur für den Moment, die Zeit des Überlebens. Danach wollen beide wieder zusammenfinden, das Häschen sucht Trost und der Denker Verständnis. Aber es ist viel passiert. Und jenseits all dessen, welche Konsequenzen und Verlust für Leib und Leben resultieren, ist etwas unterbrochen, woran wir uns gewohnt hatten. Dass wir wissen, was mit uns passiert von einem Tag zum anderen, dass wir einordnen können, wohin ein Gefühl, eine Erfahrung gehört. Ins Jetzt, nach Damals oder ob es Angst ist, die sich auf eine ungewisse Zukunft richtet.
Da ist neben all den anderen Gefühlen die große Hilflosigkeit. Da ist etwas mit mir passiert oder getan worden, gegen das nichts half, nichts, was ich versucht und getan habe, nichts. Vielleicht kann ich nicht einmal mehr erinnern, was da war, weil selbst meine Wahrnehmung nicht mehr verarbeitet wurde. Vielleicht erinnere ich mich glasklar - und beides kann sehr grausam sein. Was sicher ist: nichts ist mehr sicher, nichts mehr an dem Platz, wo es vorher war. Ich selbst nicht, meine Gefühle nicht, mein Handeln und Denken nicht. Mehr Unsicherheit ist nie, und deshalb ist Sicherheit für traumatisierte Menschen auch so wichtig (siehe auch Sicherheit).
Zusammenfassung: In Notfällen sorgt eine Art Alarmanlage im Gehirn des Häschens (die Amygdala im Limbischen System) dafür, dass in Bruchteilen von Sekunden die Notfallreaktion ausgelöst wird: Der Kontakt zwischen Denkerin und Häschen wird unterbrochen, der Organismus mobilisiert alle Spannung um zu kämpfen oder zu fliehen. Falls Kampf oder Flucht nicht erfolgreich sind, bleibt nur noch die Starre oder das Erschlaffen: der Totstellreflex. Egal, ob das Ganze nur ein paar Sekunden dauert oder viele Stunden: Die DenkerIn hat keinen Zugriff auf das, was passiert. Das hat vielerlei Auswirkungen (siehe Symptome) und die Erinnerung ist auf jeden Fall ungeordnet und nicht mehr meinem Willen unterworfen.
Sie kennen das. Wenn Sie mit Ihrer kleinen Tochter an einer großen Strasse entlangspazieren, können Sie sich in jedem Moment darauf verlassen, dass Sie Ihre Tasche fallen lassen und die Gedanken an die Arbeit unterbrechen werden, sollte sie - durch irgendetwas erschreckt - auf die Strasse laufen wollen. Wenn ein Auto um die Ecke schiesst, obwohl Sie doch Grün haben, würden Sie blitzschnell nach dem Kind greifen und sich zur Seite werfen, dahin, wo ein Überfahren-Werden am wenigsten droht.
Was passiert da? Haben Sie das alles vorher durchdacht und überlegt? Nein, das ginge gar nicht, zu vielfältig sind die Gefahrensituationen. Im Moment der Bedrohung übernimmt unser Körper, das Häschen in uns. Denn alles Denken wäre dann zu langsam - die Entscheidungsprozesse der Großhirnrinde taugen nicht für schnelle, überlebenssichernde Reaktionen. In Millisekunden wird so - ausgelöst durch eine Wahrnehmung, die Sie kaum nachvollziehen können - die Denkerin vom Häschen abgetrennt, um das schnelle Reagieren zu ermöglichen. Und das Häschen, unser Säugetierkörper reagiert mit einem jahrtausende alten Programm überall auf der Welt gleich: es mobilisiert blitzschnell alle verfügbare Energie, um sie in Flucht oder Kampf zu verwandeln. Das Nachdenken wird blockiert, die Kraft geht in Arme und Beine, im schlimmsten Fall werden Blase und Darm entleert, um nicht hinderlich zu sein. Sie haben sicher schon davon gelesen, welche Kräfte Menschen in solchen Momenten mobilisieren können und wie aussichtslos es ist, sich Ihnen in den Weg zu stellen. Kräfte, die sofort in sich zusammenbrechen würden, könnte der Denker eingreifen: "Aber so geht das doch nicht, du musst aufpassen, vielleicht..." Ist die akute Situation vorbei, wundern Sie sich oft, zu was Sie da in der Lage waren.
Wenn Kampf und Flucht nicht möglich sind, weil der Zugriff zu hart, die Übermacht zu groß und unausweichlich ist, greift der Körper zu seiner letzten Möglichkeit: er erstarrt oder fällt wie ein nasser Sack in sich zusammen, ohne jede Möglichkeit der Kontrolle durch den oft noch beobachtenden Denkerkopf, der aber nicht mehr eingreifen kann - und später oft das Gefühl hat, er hätte das tun sollen ohne sich klarzumachen, dass das ganz effektiv nicht möglich war. Da sagt der Kopf: "Nun lauf doch! Lauf! Schlag zu! Tu irgendwas!" Geht aber nicht. Es sind nämlich wirklich die Übermittlungsbahnen unterbrochen. Einfach lahmgelegt. Das hat im Tierreich oft Erfolg (und ist ganz wichig, um den Puls ganz flach, die Muskeln schlaff zu machen), wo Jäger von der Beute ablassen, die scheinbar tot ist, nur noch wenig Leben zeigt. Manchmal hilft das sogar bei Menschen.
In allen drei Fällen kommt die Schnelligkeit und Passgenauigkeit der Reaktion nur dadurch zustande, dass der Körper sich vom Denker trennt, das Häschen auf ganz alte Muster zurückgreift, die Trickkiste der Evolution sozusagen. Bis hierher ist das auch sehr nützlich. Denn schneller und stärker sind wir nie. Und auch die Dissoziation im Totstellreflex ist eine gnädige Erfahrung, wenn sie gleichzeitig die Schmerzempfindung unterdrückt.
Das gilt aber nur während der Erfahrung. Nur für den Moment, die Zeit des Überlebens. Danach wollen beide wieder zusammenfinden, das Häschen sucht Trost und der Denker Verständnis. Aber es ist viel passiert. Und jenseits all dessen, welche Konsequenzen und Verlust für Leib und Leben resultieren, ist etwas unterbrochen, woran wir uns gewohnt hatten. Dass wir wissen, was mit uns passiert von einem Tag zum anderen, dass wir einordnen können, wohin ein Gefühl, eine Erfahrung gehört. Ins Jetzt, nach Damals oder ob es Angst ist, die sich auf eine ungewisse Zukunft richtet.
Da ist neben all den anderen Gefühlen die große Hilflosigkeit. Da ist etwas mit mir passiert oder getan worden, gegen das nichts half, nichts, was ich versucht und getan habe, nichts. Vielleicht kann ich nicht einmal mehr erinnern, was da war, weil selbst meine Wahrnehmung nicht mehr verarbeitet wurde. Vielleicht erinnere ich mich glasklar - und beides kann sehr grausam sein. Was sicher ist: nichts ist mehr sicher, nichts mehr an dem Platz, wo es vorher war. Ich selbst nicht, meine Gefühle nicht, mein Handeln und Denken nicht. Mehr Unsicherheit ist nie, und deshalb ist Sicherheit für traumatisierte Menschen auch so wichtig (siehe auch Sicherheit).
Zusammenfassung: In Notfällen sorgt eine Art Alarmanlage im Gehirn des Häschens (die Amygdala im Limbischen System) dafür, dass in Bruchteilen von Sekunden die Notfallreaktion ausgelöst wird: Der Kontakt zwischen Denkerin und Häschen wird unterbrochen, der Organismus mobilisiert alle Spannung um zu kämpfen oder zu fliehen. Falls Kampf oder Flucht nicht erfolgreich sind, bleibt nur noch die Starre oder das Erschlaffen: der Totstellreflex. Egal, ob das Ganze nur ein paar Sekunden dauert oder viele Stunden: Die DenkerIn hat keinen Zugriff auf das, was passiert. Das hat vielerlei Auswirkungen (siehe Symptome) und die Erinnerung ist auf jeden Fall ungeordnet und nicht mehr meinem Willen unterworfen.