Trauma
selbst ist kein wissenschaftlicher Begriff, sondern einfach eine Beschreibung
von etwas Erlebtem, das schwer zu verkraften ist. Das ist für jeden
unterschiedlich. Es kommt immer darauf an, welche Verarbeitungsmöglichkeiten
ein Mensch hat, wie gut er "etwas wegstecken kann", wie alt er ist und welche Vorerfahrungen er oder sie hat. In der
Psychologie sprechen wir deshalb von der traumatischen Verarbeitung. Damit ist
gemeint, dass es in manchen Situationen nicht möglich ist, das Geschehen
gleichzeitig zu verarbeiten, weil Angst und Hilflosigkeit zu groß sind, die Emotionen übermächtig sind. Dann setzt die Notfallreaktion ein, das können Sie unter So funktioniert Verarbeitung nachlesen. Wenn immer neues passiert, was nicht
verkraftbar ist: Krieg, Vertreibung, der Verlust von Angehörigen, all dessen,
was die eigene Identität ausmacht, das Ankommen in einem Land, in dem auch alles unsicher ist…, dann wird die innere Verarbeitung immer weiter aufgeschoben. Dann tauchen Symptome aus, die wie Fetzen aus dem Erleben begriffen werden können.
Traumatische Verarbeitung heißt also erst einmal, dass
ein Ereignis nicht oder doch nicht
angemessen
verarbeitet werden konnte. Es liegt einem noch auf der Seele, hat noch keinen Platz
gefunden, muss irgendwann verarbeitet werden. Die Teile des Erlebens geben keine Ruhe, zeigen sich als Symptome. Und jenseits dessen sind da all die Erfahrungen, die noch lange nicht verdaut sind.
Oft ist jemand sogar
alltagstauglich, man merkt ihm das Erlebte nicht an. Aber immer wieder, vielleicht auch ganz versteckt, gibt es Situationen, in denen nichts
mehr geht. Im Inneren herrscht Chaos, klappen Gefühle und Bilder hoch, und
überschwemmen völlig ungesteuert und unkontrollierbar die Wahrnehmung. Im äußeren ist manchmal gar nichts davon sichtbar davon, manchmal erleben sie ihr Gegenüber dann aber plötzlich völlig außer sich, in sich zurückgezogen, aggressiv,
weinerlich oder so emotionslos, dass er Ihnen wie ein Roboter vorkommt. Im
nächsten Moment kann das wieder vorbei sein.
Traumatisierung heißt, dass jemand
immer wieder in den alten, nicht verarbeiteten Situationen und Gefühlen stecken bleibt und
sich so verhält, wie er es damals tun musste, als sei kaum Zeit vergangen. Die Symptome sind sehr
unterschiedlich und können die verschiedensten Bereiche des Lebens betreffen
(näheres siehe Symptome). Die Erfahrungen von Verlust, Hilflosigkeit, Angst und Verunsicherung bis in die letzten Zellen auch. Und das Schlimmste: es ist nicht zu einfach, diese Qualen und Verhaltensweisen in den Griff zu kriegen. Die überbordenden Gefühle werden durch Kleinigkeiten ausgelöst und eine Steuerung gelingt oft nicht. Und wenn wir sagen „jetzt
hören Sie aber mal auf!", hört keiner mehr zu, denn Ihr Gegenüber ist nur noch körperlich anwesend. Innerlich und in seiner Wahrnehmung ist sie oder er ganz woanders. (Lesen Sie bitte auch So funktioniert Verarbeitung)